Bonnie und Clyde

Originaltitel: Bonnie and Clyde
Darsteller: Warren Beatty, Faye Dunaway
Regie: Arthur Penn
USA 1967 / D 1967

Kategorien: , Schlagwörter: , , Verleih:

Die Drehbuchautoren David Newman und Robert Benton, zwei junge Journalisten des Magazins Esquire, waren große Fans des europäischen Autorenkinos, insbesondere der französischen Nouvelle Vague. Sie schrieben das Drehbuch als eine amerikanische Hommage an Filme wie „Außer Atem“ von Jean-Luc Godard und „Jules und Jim“ von François Truffaut. Diese Einflüsse zeigen sich im rebellischen Ton des Films, den abrupten Stimmungswechseln zwischen Komödie und Brutalität und der sympathischen Darstellung von Anti-Helden.

Das Drehbuch wurde zunächst von vielen Hollywood-Studios abgelehnt. Warren Beatty, der damals hauptsächlich als Schauspieler bekannt war, las das Skript und erkannte sofort dessen Potenzial. Er kaufte die Rechte und entschied sich, den Film selbst zu produzieren. Es war ein enormes Risiko für ihn; er kämpfte jahrelang darum, den Film zu finanzieren und die kreative Kontrolle zu behalten. Seine Hartnäckigkeit war entscheidend für die Realisierung des Projekts.

Im ursprünglichen Drehbuch war Clydes Figur bisexuell und es gab eine Dreiecksbeziehung zwischen Bonnie, Clyde und dem Fahrer C.W. Moss. Aus Sorge, dass dies für das damalige amerikanische Publikum zu gewagt sei, wurde Clydes Charakter in einen impotenten Heterosexuellen geändert. Diese Änderung verlieh der Beziehung eine neue, komplexe psychologische Ebene: Ihre Unfähigkeit, ihre Liebe sexuell auszuleben, wird zur treibenden Kraft für ihre kriminelle Energie. Der Colt wird so zum eindeutigen Phallussymbol.

Bei seiner Erstveröffentlichung wurde „Bonnie und Clyde“ von den meisten Kritikern verrissen. Sie warfen dem Film eine Verherrlichung von Gewalt und die moralisch fragwürdige Darstellung von Mördern als glamouröse Helden vor. Das Studio Warner Bros. hatte kein Vertrauen in den Film und brachte ihn nur in wenigen Kinos heraus. Warren Beatty musste persönlich intervenieren und drohen, das Studio zu verklagen, um eine breitere Veröffentlichung zu erzwingen. Erst als jüngere Kritiker und das Publikum den Film für seine Kühnheit und seinen Stil feierten, wurde er zu einem riesigen kommerziellen Erfolg.

Die explizite und stilisierte Darstellung von Gewalt war für das damalige Hollywood-Kino schockierend. Besonders die finale Todesszene, in der Bonnie und Clyde in einem Kugelhagel sterben, setzte neue Maßstäbe. Regisseur Arthur Penn ließ die Szene mit vier verschiedenen Kameras in unterschiedlichen Geschwindigkeiten filmen und schnitt die Aufnahmen zu einer ballettartigen, fast poetischen Sequenz des Schreckens zusammen. Dies brach mit dem damals vorherrschenden Production Code, der Gewalt nur sehr zurückhaltend und niemals verherrlichend darstellte.

Der Film hatte einen enormen Einfluss auf die Mode der späten 1960er Jahre. Faye Dunaways Darstellung der Bonnie Parker mit ihrem Barett, den figurbetonten Pullovern und dem eleganten Midi-Rock löste einen weltweiten Modetrend aus. Der „Bonnie-Look“ wurde zum Symbol für eine neue, selbstbewusste und leicht rebellische Weiblichkeit. Französische Baskenmützen, damals kaum noch getragen, erlebten ein riesiges Comeback.

„Bonnie und Clyde“ gilt zusammen mit „Die Reifeprüfung“ als einer der Gründungsfilme des „New Hollywood“. Diese Ära brachte eine neue Generation von Filmemachern hervor, die sich von den starren Regeln des alten Studiosystems lösten, europäische Einflüsse aufgriffen und persönlichere, gesellschaftskritische und künstlerisch anspruchsvollere Filme drehten. Der Erfolg von „Bonnie und Clyde“ bewies, dass es ein großes Publikum für erwachsenere und kontroverse Themen gab.

Nach oben scrollen