„Plötzlich im letzten Sommer“ (Originaltitel: Suddenly, Last Summer) aus dem Jahr 1959 ist ein faszinierender und zutiefst beunruhigender Film. Das Besondere an ihm ist die explosive Mischung aus Star-Power, einem der provokantesten Autoren seiner Zeit und Themen, die das damalige Hollywood an seine Grenzen brachten.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Einakter von Tennessee Williams, einem der bedeutendsten, aber auch umstrittensten amerikanischen Dramatiker. Seine Werke sind bekannt für ihre düstere, schwüle Atmosphäre und die Auseinandersetzung mit Tabu-Themen wie psychischen Erkrankungen, unterdrückter Sexualität und familiären Abgründen. „Plötzlich im letzten Sommer“ ist eines seiner extremsten Stücke.
Für das Jahr 1959 war die Handlung des Films absolut schockierend. Um den strengen Zensurvorschriften des Hollywood-Produktionskodex (Hays Code) zu umgehen, mussten die zentralen Themen zwar verschlüsselt, aber für das Publikum dennoch erkennbar behandelt werden. Dazu gehören:
- Homosexualität: Die Figur des verstorbenen Sebastian war homosexuell und nutzte seine attraktive Cousine Catherine, um junge Männer anzulocken.
- Sexueller Missbrauch und „Prostitution“: Sebastian „benutzte“ quasi seine Cousine als Köder.
- Kannibalismus: Das traumatische Finale, das zu Sebastians Tod führt, deutet einen Akt des rituellen Kannibalismus durch eine Gruppe von ihm verführter und missbrauchter junger Männer an.
- Lobotomie (Eingriff ins Gehirn): Der ganze Film dreht sich um den Versuch der reichen Violet Venable, ihre Nichte Catherine einer Lobotomie unterziehen zu lassen, um die schreckliche Wahrheit über ihren Sohn zu vertuschen.
Der Film ist berühmt für das intensive schauspielerische Duell zweier Leinwandlegenden:
- Katharine Hepburn als Mrs. Violet Venable, die monströse, herrschsüchtige Mutter, die den Ruf ihres Sohnes um jeden Preis schützen will.
- Elizabeth Taylor als Catherine Holly, die traumatisierte junge Frau, die die Wahrheit gesehen hat und deshalb zum Schweigen gebracht werden soll.
Beide Schauspielerinnen hassten sich Berichten zufolge während der Dreharbeiten, was die Spannung ihrer gemeinsamen Szenen nur noch verstärkt haben soll. Beide wurden für ihre Leistungen für den Oscar als Beste Hauptdarstellerin nominiert.
Die dritte Hauptrolle, den idealistischen Chirurgen Dr. Cukrowicz, spielte Montgomery Clift. Sein Zustand während der Dreharbeiten ist eine der tragischsten Geschichten Hollywoods. Clift hatte sich wenige Jahre zuvor bei einem Autounfall schwer im Gesicht verletzt und litt unter den Folgen sowie unter Alkohol- und Tablettensucht. Er hatte große Schwierigkeiten, sich seinen Text zu merken. Katharine Hepburn und Elizabeth Taylor, die eng mit Clift befreundet waren, sollen ihn am Set vehement gegen den angeblich tyrannischen Regisseur Joseph L. Mankiewicz und Produzenten Sam Spiegel verteidigt haben. Hepburn soll Spiegel nach dem letzten Drehtag sogar ins Gesicht gespuckt haben.
Das Drehbuch, das die heiklen Themen des Stücks für die Leinwand adaptieren musste, wurde von zwei bedeutenden Autoren verfasst: dem Schriftsteller Gore Vidal und Tennessee Williams selbst. Ihre Zusammenarbeit war jedoch von Konflikten geprägt, was die Entstehung des Films zusätzlich erschwerte.